Wir sehen uns wissenschaftliche Erkenntnisse hinter dem Loslassen in Beziehungen genauer an, um zu verstehen, was dich dabei unterstützt, emotionale Wunden zu heilen und deine Zukunft positiv zu gestalten.
Loslassen kann und muss man in allen Lebensbereichen. Doch gerade in romantischen Beziehungen kann das Loslassen eine der schwierigsten und herausforderndsten Aufgaben sein. Das Bedürfnis, an Dingen festzuhalten, ist seit der Kindheit tief in uns verwurzelt. Loslassen wird oft mit beenden, abbrechen, aufhören und mit Schmerz und Trauer verbunden, aber es ermöglicht uns auch einen wichtigen Schritt für das persönliche Wachstum und öffnet uns für neue Möglichkeiten.
Die Psychologie des Loslassens
Das Loslassen betrifft Alltagssituationen, Konflikte oder lästige Gewohnheiten genauso wie die großen Themen Trennung, Schicksalsschläge oder persönliche Lebensziele.
Die Psychologie des Loslassens in Beziehungen ist ein komplexes Thema, das verschiedene Aspekte umfasst. Eine Studie von Kübler-Ross und Kessler (2014) über die Trauerbewältigung zeigt, dass das Loslassen einer Beziehung einem Trauerprozess ähnlich sein kann. Die Autoren beschreiben fünf Phasen der Trauer: Leugnung, Wut, Verhandeln, Depression und Akzeptanz. Indem wir uns diesen Phasen stellen und sie durchlaufen, können wir die Vergangenheit loslassen und unsere Emotionen verarbeiten.
Die neurobiologischen Aspekte des Loslassens
Außerdem haben neurowissenschaftliche Studien bewiesen, dass das Loslassen einer Beziehung tatsächlich Veränderungen in unserem Gehirn bewirken. Eine Untersuchung von Fisher et al. (2010) hat gezeigt, dass das Ende einer romantischen Beziehung mit einem Rückgang des Neurotransmitters Dopamin zusammenhängt, was zu Gefühlen wie Entzugserscheinungen und des Verlangens nach dem verlorenen Partner führt.
Sunk Cost Fallacy
Hinzu kommt die Sunk Cost Fallacy (die Versunkene-Kosten-Falle), ein Modell aus der Wirtschaft, das sich auch gut auf Beziehungen anwenden lässt. Diese bezeichnet die Tendenz, ein Projekt fortsetzen zu wollen, in das wir Geld, Mühe und Zeit investiert haben, obwohl sich herausstellt, dass die laufenden Kosten in einem negativen Verhältnis zu den gewünschten Ergebnissen stehen.
Das heißt, je mehr wir in eine Beziehung investiert haben, umso mehr halten wir daran fest, auch wenn wir mit dem Partner nicht mehr glücklich sind und wahrscheinlich auch nicht mehr glücklich werden. Dahinter steckt auch, dass wir uns das Gefühl des Scheiterns nicht eingestehen wollen und gleichzeitig Angst vor einer falschen Entscheidung haben, denn der Nutzen des Loslassens ist noch nicht greifbar und das, was danach kommt, ist noch ungewiss, während das, was wir beim Loslassen verlieren, ja sehr konkret ist.
Aber wann sollte man Loslassen und woran merke ich das?
Diese Frage muss jeder für sich individuell erspüren, dabei hilft Meditation und Achtsamkeit auf das eigene innere Wohlbefinden. Nimm dir Zeit und schaffe dir ein ruhiges Umfeld, setze dich entspannt hin und stell dir die Frage: Was würde ich jetzt tun, wenn ich schon getrennt wäre? Wie würde ich mich jetzt fühlen? Und was würde ich danach fühlen?
Durch das So-tun-als-ob werden Perspektiven sichtbar und mögliche Gefühle spürbar. Fühlst du dich vielleicht nach kurzer Traurigkeit eher erleichtert? Entspannt dich der Gedanke, nicht mehr kämpfen zu müssen? Hast du ein Gefühl von Neugier auf das, was Neues in dein Leben kommen könnte, weil du gerade dafür einen Raum geschaffen hast?
Dann wird der positive Nutzen des Loslassens auf einmal greifbar. Der Trick steckt also im Visualisieren der eigenen Zukunft und den eigenen Handlungsmöglichkeiten.
Loslassen in kleinen Schritten
Wie einen Muskel kann man auch das Loslassen trainieren, das fängt schon im Haushalt an bei den vielen materiellen Dingen, die wir nicht mehr brauchen. Fang an auszumisten und dulde nur noch die Sachen um dich herum, die für dich nützlich oder schön sind. So kannst du der Reihe nach in immer größeren Themen deines Lebens aufräumen und die Dinge loslassen, die dich belasten oder herunterziehen.
Soziale Unterstützung
Such dir auch Unterstützung im Freundeskreis oder der Familie. Eine Studie von Sbarra und Emery (2005) untersuchte die Auswirkungen der sozialen Unterstützung auf das Wohlbefinden nach einer Trennung. Die Ergebnisse zeigten, dass Menschen, die eine starke soziale Unterstützung hatten, besser mit der Trennung umgehen konnten und sich schneller von der emotionalen Belastung erholt haben. Freunde, Familie oder auch therapeutische Begleitung können somit wertvolle Ressourcen sein, um den Prozess des Loslassens zu erleichtern.
Selbstliebe und das Selbstmitgefühl
Und zuletzt, Selbstliebe und das Selbstmitgefühl. Eine Untersuchung von Neff und Beretvas (2013) zeigte, dass Menschen, die sich selbst mitfühlend behandeln, besser in der Lage sind, mit emotionalen Herausforderungen umzugehen. Das Erkennen und Akzeptieren unserer eigenen Gefühle und Gedanken ohne Selbsturteil kann uns dabei helfen, eine liebevolle Beziehung zu uns selbst aufzubauen und das Loslassen zu erleichtern. Zum Thema Selbstliebe und die Arbeit mit unserem inneren Kind wird es auch bald eine extra Folge auf meinem Kanal geben.
Loslassen heißt nicht gleich, es sich leicht zu machen. Eine langjährige intime Beziehung lässt man nicht einfach so gehen, die Beständigkeit hat auch ihren Wert. Es ist wichtig, in sich hineinzuhören und zu erspüren, was einen noch glücklich macht und was nicht.
Das Loslassen in Beziehungen mag zwar schmerzhaft sein, aber es ist ein unvermeidlicher Teil des Lebens und der menschlichen Erfahrung und persönlicher Weiterentwicklung. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen, dass das Loslassen ein komplexer Prozess ist, der sowohl unsere Emotionen als auch unser Gehirn beeinflusst.
Durch das Erkennen der Phasen der Trauer, die Unterstützung von Freunden und Familie und die Förderung von Selbstmitgefühl und Selbstliebe können wir lernen, auf gesunde Weise loszulassen und uns für neue Chancen und Beziehungen zu öffnen und somit unsere persönliche Entwicklung vorantreiben und damit eine positive Zukunft gestalten.
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Kübler-Ross, E., & Kessler, D. (2014). On Grief and Grieving: Finding the Meaning of Grief through the Five Stages of Loss. Simon & Schuster.
Fisher, H., Aron, A., & Brown, L. L. (2010). Romantic love: An fMRI study of a neural mechanism for mate choice. The Journal of Comparative Neurology, 493(1), 58-62.
Sbarra, D. A., & Emery, R. E. (2005). The emotional sequelae of nonmarital relationship dissolution: Analysis of change and intraindividual variability over time. Personal Relationships, 12(2), 213-232.
Neff, K. D., & Beretvas, S. N. (2013). The role of self-compassion in romantic relationships. Self and Identity, 12(1), 78-98.